Montag, 5. Dezember 2016

Der australische Weihnachtsmann

Nach einem genüsslichen Frühstück war für den heutigen Tag vorgesehen, die Hauptstadt des roten Landes, Canberra, zu erkunden. Voller Tatendrang begann Lukas unser Camingequipment in die dicht aneinander geparkten Vans zu befördern, während sein Bruder beschloss, ihm gleich zu tun. Unglücklicherweise schlug Letzterer in einem großem Bogen die Tür unseres Vans zu, woraufhin Lukas seine Hand stöhnend an die Stirn schlug. Einige Sekunden sahen wir uns regungslos an, bis Lukas erklärte, was Elias in diesem Moment angerichtet hatte.
Der Schließmechanismus unserer schwerfälligen Conny war nämlich seit einiger Zeit defekt und immer dann, wenn man die Türen verriegelte, war das gesamte Auto abgeschlossen. Zum gegeben Zeitpunkt befand sich unser winziger Schlüssel jedoch selbstverständlich in unserem Fahrzeug, sodass Conny nun mit verschlossen Türen vor uns stand. Nach einigen Minuten der Verzweiflung und dem Versuch einiger hilfsbereiter Australier, unser Gefährt mit allerlei Schraubenschlüsseln wieder begehbar zu machen, sahen wir unserem Schicksal endgültig ins Auge: Conny war zu. 

Und dann, urplötzlich, sahen wir einen bärtigen, alten Australier, von dem man meinen konnte, er sei der Weihnachtsmann höchstpersönlich, auf unser lahmgelegtes Gefährt zugeschreiten. Wie in Zeitlupe am Höhepunkt eines spannenden Films spielten sich die einzelnen Szenen nacheinander ab. Der bärtige Mann begann alle möglichen Schaulustigen zur Seite zu weisen, schritt auf die Fahrertür zu, klopfte selbstsicher dagegen und betätigte den Hebel. Wie durch ein Wunder sprang die Tür in genau diesem Moment wieder auf und der Mann schritt mit einem wortlosen Nicken von Dannen. Fassungslos blickten wir dem mysteriösen Mann für eine Weile nach, von dem wir uns sicher waren, er war der australische Weihnachtsmann.

Als Conny nun endlich vollständig beladen war, steuerten wir endlich das besagte Canberra an. Die Stadt erwies sich als mehr oder weniger menschenleer, unspektakulär und schlicht und einfach enttäuschend. Nach einem Besuch des australischen Parlaments, machten wir einen Rundgang durch die National Gallery of Australia, in der neben Marcel Duchamps "Fahrrad-Rad", Andy Warhols "Elvis" und Monets "Seerosen" einige weitere Meisterwerke schlummerten. Obwohl sich die Kunstbegeisterung im größeren Teil unseres Vierergespanns relativ in Grenzen hielt und sich dieser vielmehr mit einer Runde Frisbee im Park begnügte, mussten wir alle feststellen: Canberra war nicht das, was wir uns erhofft hatten. Canberra, die Stadt die zur Hauptstadt erkoren wurde, da sich die schillernden Metropolen Sydney und Melbourne nicht über den großen Titel "Hauptstadt" einigen konnten, verließen wir so schnell wir gekommen waren und steuerten noch am selben Abend einen Rastplatz am Meer an. Erst als sich ein Vogelspinnen-ähnliches Getier mit haarigen Beinen schlagartig vor unseren Augen abseilte, begannen wir in großer Panik in unsere Vans zu hasten.

Parliament House, Canberra


National Gallery of Australia, Monet






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